Physiknobelpreis 1925: James Franck — Gustav Hertz

Physiknobelpreis 1925: James Franck — Gustav Hertz
Physiknobelpreis 1925: James Franck — Gustav Hertz
 
Die deutschen Physiker erhielten den Nobelpreis für die Entdeckung der Stoßgesetze zwischen Elektronen und Atomen.
 
 Biografien
 
James Franck, * Hamburg 26. 8. 1882, ✝ Göttingen 21. 5. 1964; 1920-33 Ordinarius für Experimentalphysik an der Universität Göttingen, 1933 Emigration, 1934 Gastprofessor in Kopenhagen, 1935-49 Professuren in den USA; Arbeiten über Gasentladung und Atom- und Molekülspektren, entdeckte mit Gustav Hertz die diskreten Energiestufen im Atom.
 
Gustav Hertz, * Hamburg 22. 7. 1887, ✝ Berlin 30. 10. 1974; 1927-35 Direktor des physikalischen Instituts der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, 1935-45 Leiter des Siemens-Forschungslabors in Berlin, 1945-54 Mitarbeit am sowjetischen Atombombenprogramm, seit 1954 Direktor des physikalischen Instituts der Universität Leipzig; entwickelte das Gasdiffusionsverfahren zur Isotopentrennung.
 
 Würdigung der preisgekrönten Leistung
 
Im Jahr 1912 begannen James Franck und sein Assistent Gustav Hertz an der Universität Berlin Zusammenstöße zwischen Elektronen und Gasmolekülen zu untersuchen. Sie wollten die von dem irischen Physiker John Townsend entwickelte Theorie der Gasentladung prüfen, die ihres Erachtens auf falschen Annahmen beruhte.
 
Für ihre Versuche benutzten sie eine mit Quecksilbergas gefüllte elektronische Röhre. Die aus der Glühkathode austretenden Elektronen wurden durch eine Spannung zu einem Gitter hin beschleunigt. Zwischen dem Gitter und der Anode legten sie eine kleine Gegenspannung, sodass die am Gitter ankommenden Elektronen die Anode nur erreichen konnten, wenn ihre Energie ausreichte, um gegen diese verzögernde Spannung anzulaufen. Sie beobachteten nun den Anodenstrom in Abhängigkeit von der Beschleunigungsspannung und stellten fest, dass der Strom mit wachsender Spannung zunächst kontinuierlich anstieg. Zwischen den Elektronen und den Gasatomen fanden elastische Stöße statt, das heißt, die Elektronen änderten zwar ihre Richtung, verloren aber kaum Energie, ähnlich wie beim Zusammenstoß einer kleinen mit einer großen Billardkugel.
 
Bei einer Beschleunigungsspannung von 4,9 Volt registrierten sie jedoch einen steilen Abfall der Stromstärke. Die Elektronen hatten ihre gesamte Energie verloren. Die Stöße zwischen Elektronen und Gasatomen waren unelastisch geworden. Es war, als ob eine kleine Billardkugel auf einen großen Ball aus Knetmasse gestoßen wäre. Die Quecksilberatome konnten nur die Energie von solchen Elektronen aufnehmen, deren Bewegungsenergie genau der Energiedifferenz zwischen Grundzustand und angeregtem Zustand entsprach. Beim Übergang vom Anregungs- in den Grundzustand sandten die Atome des Quecksilberdampfes eine Spektrallinie im ultravioletten Licht aus. Deren Wellenlänge entsprach exakt einer Energie von 4,9 Elektronenvolt. Ihre Ergebnisse waren somit eine direkte Bestätigung des wenige Monate zuvor von dem dänischen Physiker Niels Bohr (Nobelpreis 1922) aufgestellten neuen Atommodells, auch wenn ihnen dieser Zusammenhang zunächst noch verborgen blieb. Niels Bohr hatte 1913 postuliert, dass sich die Elektronen eines Atoms nur auf ganz bestimmten festgelegten Energieniveaus bewegen dürfen. Beim Übergang von einem zum anderen Niveau strahlt das Atom dann die Energiedifferenz in Form eines Lichtquants ab. Die Elektronenstoßversuche von Hertz und Franck zeigten gerade die Existenz dieser quantenhaften Anregungszustände des Atoms, auch wenn sie ihre Untersuchungen unabhängig von der Bohr'schen Theorie durchgeführt hatten. Der Franck-Hertz-Versuch gilt heute als Fundamentalversuch der modernen Quantenphysik und ist mittlerweile ein Standardexperiment im Schulphysikunterricht.
 
 Emigration in die USA
 
Franck hatte in Heidelberg und Berlin Chemie und Physik studiert. Im Ersten Weltkrieg diente er zusammen mit Gustav Hertz in einer Spezialeinheit für den Gaskampf. 1916 wurde er außerordentlicher Professor der Physik in Berlin und drei Jahre später Mitglied des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie in Berlin-Dahlem.
 
Im Jahr 1921 wurde er zusammen mit Max Born (Nobelpreis 1954) nach Göttingen berufen. Seit ihrer Studienzeit in Heidelberg waren sie Freunde. Born sagte über seinen Kollegen: »Wenn es zulässig ist, überhaupt einen so kühnen Vergleich zu ziehen, so möchte ich Francks Begabung mit der von Faraday vergleichen; er ist mathematisch sehr schwach gebildet, hat aber eine geistige Gestaltungskraft und ein Vermögen zum Erkennen experimenteller Möglichkeiten, wie sie ganz, ganz selten vorkommen.«
 
Franck wurde Ordinarius für Experimentalphysik und Born für theoretische Physik. Gemeinsam mit dem Experimentalphysiker Robert Pohl begründete das Dreigestirn in der Folgezeit Göttingens Weltruf als eines der Zentren physikalischer Forschung.
 
1933 legte Franck aus Protest gegen die antisemitische Politik der nationalsozialistischen Regierung sein Amt nieder und emigrierte in die USA. Nach der Kapitulation Deutschlands versuchte er den Einsatz der Atombombe zu verhindern und verfasste ein Memorandum (»Franck-Report«), in dem er vor einem nuklearen Rüstungswettlauf warnte.
 
 Karriere im Osten
 
Gustav Hertz, dessen Onkel Heinrich Hertz die elektromagnetischen Wellen entdeckt hatte, studierte zunächst Mathematik. Doch nachdem Arnold Sommerfeld, der Mitbegründer der modernen Atomtheorie, sein Interesse an der Physik geweckt hatte, ging er 1908 zum Physikstudium nach Berlin, wo er den fünf Jahre älteren James Franck kennen lernte.
 
Die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland veranlassten Hertz 1920, zum Philips-Konzern nach Eindhoven zu gehen. Dort konnte er seine Elektronenstoßversuche fortführen. Es gelang ihm, mit Hilfe von Diffusion Gasgemische zu trennen und extrem reine Gase herzustellen. 1932 entwickelte er dieses Verfahren weiter, indem er es auch erstmals erfolgreich zur Trennung von Isotopen benutzte.
 
Nach dem Krieg verschlug es Hertz in die Sowjetunion. Im Rahmen des sowjetischen Atombombenprojekts baute er in Suchumi am Schwarzen Meer mithilfe des von ihm entwickelten Gasdiffusionsverfahrens eine großtechnische Anlage zur Urananreicherung auf. Aus der Sowjetunion zurückgekehrt wurde er 1954 Direktor des Physikalischen Instituts der Universität Leipzig. Er war der einzige in der DDR lebende Nobelpreisträger und wurde mit zahlreichen staatlichen Preisen und Ehrentiteln ausgezeichnet. Trotz seiner Einbindung in den Wissenschaftsapparat der DDR blieb er jedoch für viele Physiker in Ost und West eine Integrationsfigur. Seit 1993 trägt der jährlich verliehene Physikpreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft seinen Namen.
 
M. Schaaf

Universal-Lexikon. 2012.

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